Chinesische Bogenschützen, Peking, Photographie von John Thomson, 1872, Chinesische Nationalbibliothek, Peking, China

Der Terminus “Chinesisches Bogenschießen“ ist an sich nicht fassbar; eine solche Form des Schießens gibt es im engeren Sinne eigentlich nicht.

Grund dafür ist, dass die Art des Umganges mit Pfeil und Bogen - deren greifbare Wurzeln in China bis in die Epoche des Überganges vom Neolithikum zur Bronzezeit (3000 – 1600 v. Chr. / sogenanntes "Goldenes Zeitalter") zurückreichen - sowie die in diesem Zusammenhang eingesetzten Materialen Zeit der chinesischen Geschichte mit deren diversen Dynastien erheblichem Wandel unterworfen waren. Jede Epoche wies ihre Besonderheiten auf.

Berittene Bogenschützen auf der Jagd; Keramikhohlziegel einer Wandverkleidung eines sog. Hohlziegels-Grabes, vermutlich Luoyang/Jincun; frühere, westliche Han-Dynastie, 206 v. Chr.- 8 n. Chr.; Museo Nazionale d'Arte Orientale 'G. Tucci' Inv.Nr. 21 - mit freundlicher Genehmigung des Museo Nazionale d'Arte Orientale, Rom
General und Bogenschütze Qiu Xinggong, einen Pfeil aus einem während einer Schlacht getroffenen, kaiserlichen Pferd entfernend; Kalksteinrelief am Grab des Kaisers Taizong; Tang Dynastie a. D. 649 - mit freundlicher Genehmigung der University of Pennsylvania Museum of Archaeology and Anthropology

Es gibt daher weder eine Einheitlichkeit, einen Standard noch eine letztliche Essenz.

Auf dieser Webseite soll unter den Begriff „Chinesisches Bogenschießen“ - zunächst - vordringlich ein Schießen in mandschurischer Tradition subsumiert werden, welche sich aus der Zeit der Herrschaft der letzten chinesischen Dynastie, der Mandschu oder Qing (1644-1911) ableitet. Eine umfangreiche Darstellung des dahingehenden, historischen Kontextes findet sich auf www.manchuarchery.org.

Die dahingehende Art des Schießens nebst verwendeter Materialien wird bis heute gemeinhin als Synonym für "chinesisches Bogenschießen", "chinesische Bogen" etc. verwandt.

Ursache dessen ist mutmaßlich, dass Quellen oder Artefakte einfacher zugänglich oder in größerer Zahl vorhanden sind, als die vorangegangener Epochen:

Chinesisch-mandschurische Gesandtschaft mit Bogenschützen auf dem Weg zum laotischen Königshof, Fresko 19. Jh., Wat Pa Houk, Luang Prabang, Laos
Chinesisch-mandschurische Gesandtschaft mit Bogenschützen auf dem Weg zum laotischen Königshof, Fresko 19. Jh., Wat Pa Houk, Luang Prabang, Laos

Bis zum Eingang des 20 Jh. war diese Form des Schießens nebst Bewaffnung offizieller Bestandteil der chinesischen Armee sowie sogenannter, ländlicher Milizen.

Weiterhin gehörte das Bogenschießen bis in diese Zeit sowohl zum Rekrutierungsverfahren der gemeinen Armee, als auch zu den Disziplinen des sogenannten Qing-Examens, dessen Bestehen eine Voraussetzung für den Zugang zur Beamtenschaft war.

Unter diesem Blickwinkel wird, soweit förderlich, die der mandschurischen Schießweise Verwandte der Randbereiche des Qing-Reiches, insbesondere des "Tibetischen Reiches" sowie der inneren Mongolei partiell mit einbezogen, welche mutmaßlich von von ersterer stark beeinflußt wurde und in deren Einzugsgebiet Pfeil und Bogen eingangs des 20. Jahrhunderts ebenso noch zur offiziellen Bewaffnung der Armee oder militärischer Hilfstruppen gehörten.

Eine Erweiterung des Spektrums auf Bogenschießtraditionen weiterer chinesischer Epochen oder Dynastien ist, je nach Erweiterung persönlicher Erfahrungen, Quellen und Erkenntnisse, möglich.