Ablauf der Expansionsbewegung

Ist das Ziel erfasst, setzt der Vorgang der Expansion ein.

Physisch gesehen handelt es sich dabei um nicht mehr, als um eine Wiederaufnahme der durch das Halten unterbrochenen, (gedacht spiralförmig-) rotierenden Abwärtsbewegung der Zugschulter bzw. des Zugschulterblattes um die Wirbelsäule.

Hierbei ist die „Abbiegebewegung“ des flügelartig zum Rücken hin herausgetretenen Zugarmschulterblattes besonders zu forcieren zu versuchen: Es muss sich sozusagen im Halbkreis von der Flügelstellung nach schräg unten zur Wirbelsäule und zum Torso hin heranziehend einklappen.

Dadurch folgen der Zugoberarm und Ellenbogen anatomisch zwangsläufig abwärts zum Rücken und drehen sich leicht zum Körper hin, an diesen heran.

Um diese Bewegung zu realisieren hilft es unter andrem, sich vorzustellen, dass man die "untere Ecke" des Zugarmschulterblattes (hier des rechten) am Körper entlangschleifend in die hintere Hosentasche des entgegengesetzen Beines (hier also des linken), stecken will. Zum Zweck einer besonders stringenten, kraftvollen Expansionsbewegung kann man sich auch vorstellen, die "untere Ecke" des Zugarmschulterblattes nicht nur bis in die linke hintere Hosentasche, sondern durch den Körper hindurch in die linke vordere Hosentasche hineinziehen zu wollen. Mit einem Trainingspartner läßt sich diese Bewegung ebenfalls beüben.

Gleichzeitig zieht sich das Bogenarmschulterblatt mit seiner unteren Spitze voran geradlinig in Richtung Wirbelsäule und an den Torso heran. Der obere Anteil versucht weiterhin nach vorn gen Ziel zu drücken und so einen stabilen Vorwärtsdruck aufrechtzuerhalten.

Im Verhältnis beider Schulterblätter bewegt sich das des Zugarms mehr als das des Bogenarmes.

Expansion und Lösen

In der Endstellung der Expansion sind die vorher bis zum Stadium des Transfers flügelartig vom Torso hinweg nach hinten herausgetretenen Schulterblätter (wieder) zum Torso und der Wirbelsäule herangezogen. Dieses verdeutlichen nachfolgende Abbildungen im Stadium des Transfers (links) und Lösens (rechts).

Schulterblattstellungen im Stadium des Transfers
Schulterblattstellungen im Stadium der Expansion

Es setzt somit - ähnllich wie beim Transfer und dem dort angeführten Beispiel des Akkordeons - eine weitere Kompression der zum Rücken gerichteten Bestandteile der Muskulatur ein, während der Brustkorb aufgezogen wird und sich der Kreis der Auszugsbewegung zum Rücken hin weiter ausdehnt (daher auch die Bezeichnung „Expansion“).

Expansion und Lösen

Diese Bewegung wird sich bis zum Aufschlag des Pfeiles auf dem Ziel fortsetzen bzw. muß bis dahin bewußt fortgesetzt werden.

Unterbleibt dieses, entsteht ein plötzlicher Spannungs- und Energieabfall, welcher sich auf den Pfeil, der den Bogen zum Zeitpunkt dessen meist noch nicht verlassen hat bzw. sich gerade in diesem Stadium befindet wie ein abruptes Abschneiden (eines Teiles) seiner Anschubkraft auswirkt.

Die Folge ist ein kraftloser, zusammenbrechender und infolge dessen oft mißlingender Schuß:

Der Pfeil bewegt sich dann zwar weiterhin auf der Linie zum Ziel, "verhungert" aber entweder auf der Strecke ohne es zu erreichen - er fällt vorher herunter.

Oder er erreicht das Ziel zwar noch, jedoch wird sein Flug dorthin unruhig:

Je nach Umfang des Verlustes der Antreibsenergie äußert sich dieses in einfachem, unruhigen Kreiseln nur des Pfeilendes ("Quirl"/"Tröndeln") bis hin zu Wedeln / "Fischschwanzwackeln" / "Rudern" des gesamten Pfeiles. Folge dessen ist unter anderem die Gefahr eines Anschlagens an etwaige Hindernisse in der Schußbahn, wie zum Beispiel Schußfenster oder Tunnel beim Schießen im Gelände.

Durch eine korrekte Expansionsbewegung wird der Pfeil als Anhängsel der Einheit Zugschulterblatt noch einige Millimeter zurückgezogen. Seine Spitze sollte sich spätestens jetzt auf einer Linie mit der Spitze des richtungsweisenden Daumens der Bogenhand oder noch weiter zum Schützen hin befinden, um eine volle Ausnutzung der Leistungsfähigkeit des Bogens sicherzustellen.

Steuerungsmöglichkeiten

Psychisch sollte man sich hinsichtlich des Expansionsvorganges Zweierlei vergegenwärtigen:

Zum einen:

Sobald das Halten beendet und zur Expansion übergegangen wird, ist es für einen korrektiven oder sonstwie intendierten Abbruch des Schusses zu spät.

Man kann sich dieses auch in der Form vorstellen, dass man an die Initiierung einer Kernspaltung denkt:

Sobald die Kettenreaktion in Gang gekommen ist (und alle weiteren Voraussetzungen gegeben sind), nimmt sie unaufhaltsam ihren Lauf. Eine Unterbrechung ist nicht mehr möglich.

Man muss den Schuss mit allem Für und Wider „durchziehen“; Abbruchbewegungen führen zu diesem Zeitpunkt meist nicht nur zu katastrophalen Fehlschüssen, sondern oft genug auch zu Verletzungen.

Zum anderen:

Wann sich der Schuss letztlich löst, ist unbekannt und auch unwichtig. Der Schütze muss sich bewusst sein, alles korrekt eingerichtet zu haben und nun auch nichts mehr ändern zu können. Er ist sich des irgendwann erfolgenden „Lösens“ des Schusses bewusst, will sich von ihm „kontrolliert überraschen lassen“.

Ablauf des Lösens

Aus dem Vorangesagten folgt schon zwangsläufig, dass das Lösen des Schusses eigentlich keinerlei eigenständigen Vorgang oder gar Bewegung darstellt.

Es ist vielmehr Folge der vorausgegangenen Bewegungen:

Dadurch, dass sich das Zugschulterblatt zum Torso hin spiralförmig abwärts um die Wirbelsäule zu wickeln sucht, werden der Zugoberarm und -ellenbogen als dessen Anhängsel zwangsläufig ebenfalls leicht abwärts zum Rücken hin bewegt und drehen sich dabei leicht zum Körper des Schützen hin. Dadurch drehen sich Zugunterarm und Zughandgelenk/-hand vom Körper weg.

Expansion und Lösen

Ab einem bestimmten Punkt dieser gegenläufigen Bewegungen sind die zum Verriegeln der Sehne durch den ringbewehrten Daumen notwendigen Kraftverhältnisse nicht mehr gegeben – die Sehne befreit oder löst sich selbst aus der Verankerung am Ring und der Schuss wird frei.

Expansion und Lösen
Expansion und Lösen
Expansion und Lösen

Der Zugellenbogen klappt infolge dessen in einer kreisförmigen Bewegung leicht zum Rücken hin nach unten ab, der Unterarm und das Handgelenk folgen der Trägheit geschuldet mit einer leichten Kipp-Wipp-Bewegung nach oben, ohne jedoch „zu schnipsen“. Der Vorgang gleicht einem im Wasser liegenden Baumstamm, dessen eines Ende aus dem Wasser auftaucht, wenn das andere unter Wasser gedrückt wird.

Der Vorgang der Expansion und des Lösens wird durch folgendes Video im Gesamtzusammenhang mit dem Schussablauf unter folgender Rubrik veranschaulicht:

Video zum gesamten Schussprocessablauf im chinesischen Bogenschießen - Vorderansicht und rückwärtige Ansicht

Involvierung des Daumenringes 

Der Daumenring ist am Vorgang des Lösens nicht aktiv beteiligt:

Er bewegt sich geschuldet des Vorganges selbst ohne aktives Zutun des Schützen auf dem Daumen etwas vom Daumengrund- zum Daumenendglied, schiebt sich mithin mit seinem trichterförmig ausgeweiteten Bereich etwas auf das Daumenendgelenk und dreht sich dabei um sich selbst.

Durch das Abklappen des Zugellenbogens zum Rücken und nach unten sowie der Zughand nach oben kann sich der Ring auch nicht vom Daumen lösen, insbesondere nicht in Richtung Ziel fliegen.

Erfolgt dies dennoch, ist es ein Zeichen für eine fehlerhafte Bewegung der Expansion:

Der Schütze hält in dieser Konstellation den Zugunter- und Oberarm in der Regel waagerecht zum Boden und zieht diese parallel zum Boden aktiv in Richtung Pfeilende zurück oder lässt sie dort unter schlichter Öffnung der Hand stehen.

Dieses ist jedoch nach den voranstehenden Ausführungen ein Fehler, da es ein aktives Lösen darstellt und die Rotationsbewegung des Auszuges zugunsten einer linearen abgebrochen wird. Folge dessen sind meist auch Fehlschüsse.

Auch aus dieser Betrachtung wird ersichtlich, dass es keiner gesonderten Bewegung zum „Lösen“, keines „Release“ bedarf.

Involvierung der Zughand und des Zugarmes
Allgemeine Aspekte der Involvierung der Zughand und des Zugarmes

Eine im Zusammenhang mit dem Lösen oft als notwendig propagierte, aktive „Auswärtsdrehung des Handgelenkes“ / "Drehung des Handgelenkes gegen den Uhrzeigersinn" ist kontraindiziert, da diese Bewegung eine automatische Folge der Vorangegangenen ist:

Eine aktive Ausführung dieser Bewegung stört den natürlichen Bewegungsfluss des weiter an und um die Wirbelsäule zu rotieren suchenden Schulterblattes, das natürliche Folgen seiner Anhängsel (Zugellenbogen, Zugunterarm etc.) und führt letztlich meist zum Verreißen des Schusses.

Sie macht ein „sauberes Lösen“ des Schusses entweder zur Glücksache oder zum Objekt aufwendiger Arbeit bzw. der Beschäftigung mit der Frage, wie man ein "technisch-sauberes Release" zustandebringe.

Die zutreffende Antwort darauf würde somit lauten, dass man es am besten gar nicht versuchen, vielmehr von selbst geschehen lassen sollte.

Aus dieser Betrachtung folgt auch, dass diejenigen, welche bis zum Lösen die Finger der Zughand unter Spannung oder Verkrampfung hielten, gar eine Faust machten, um im falschen Verständnis der dazu notwendigen, marginalen Kraft Verriegelungen des Daumenringes oder einen „kräftigen Auszug“ zu gewährleisten, beim Lösen auf Schwierigkeiten stoßen werden:

Sie können die Bewegung nicht „geschehen lassen“, müssen die Anspannung in ihrer Zughand und –fingern erst willentlich lösen, sich Gedanken über das „Wie“ des weiteren Vorgehens machen und scheiten oft an dessen ohnehin unklarer Umsetzung.

Besondere Aspekte der Involvierung der Zughand und des Zugarmes bei langem Auszug

Auf historischen Abbildungen, die das Schießen mit mandschurischen Bogen zeigen, ist oft ein Zurückführen des Zugarmes bzw. Abklappen des Zugunterarmes in kreisförmiger Richtung gen Rücken zu sehen.

Dieses wird, nicht zuletzt aufgrund der Abbildungen selbst, oft als essentiell wichtig und typisch für chinesisches Bogenschießen in mandschurischer Form angesehen.

Jene Ansicht ist nur teilweise zutreffend.

Ob eine solche Bewegung notwendig ist oder nicht, richtet sich vielmehr nach dem jeweilig anstehenden Auszug bzw. der Auszugslänge des Schützen im Verhältnis zum Leistungsbereich des Bogens.

Liegt der Auszug aufgrund des Leistungsbereichs des Bogens und / oder der körperlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten des Schützen recht nahe zur Körperachse, will heißen zur Wirbelsäule als dem Zentrum der körperlichen Kraft und Fixpunkt der rotierenden Auszugsbewegung, ist ein nach den voranstehenden Ausführungen kontrolliertes und kraftvolles Lösen ohne weitere Bewegungen des Zugarmes möglich.

Eine solche Auszugslänge liegt der Erfahrung nach vor, wenn sich die Zughand kurz hinter dem Ohrläppchen der Auszugsarmseite oder noch näher zur Körpermitte hin befindet.

nahe an der Körperachse / zur Wirbelsäule hin liegender, "kurzer" Auszug

In diesen Fällen sollten weitere Bewegungen des Zugarmes wie Zurückführen des Zugarmes bzw. Abklappen des Zugunterarmes zum Ablass unterlassen werden. Sie sind überflüssig und eher geeignet, den Schuss negativ zu beeinflussen bzw. zu „verreißen“, denn zu verbessern.

Befindet sich die Zughand jedoch weiter von der Körpermitte entfernt oder ist sie, wie beim Gebrauch mandschurischer Bogen typischerweise, bei anliegendem, den individuellen Verhältnissen entsprechendem, optimalem Auszug ein wenig vor der Höhe des Schultereckgelenkes des Zugarmes zu verorten,

ist ein nach den voranstehenden Ausführungen kontrollierter und kraftvoller Ablass ohne weitere Bewegungen des Zugarmes nicht oder nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten möglich.

langer Auszug mit weit von der Körperachse / Wirbelsäule entfernt, nahe des Schultereckgelenkes des Zugarmes liegender Zughand

Ursache dafür ist, dass zum einen das zur Ermöglichung des rotierenden Auszuges notwendige Heranführen bzw. beabsichtigte Herumführen des Zugarmschulterblattes um die Wirbelsäule und die daraus folgenden Bewegungen der mit diesem verbundenen Extremitäten (Zugarm, Zugellenbogen, Zughand etc.) zur Körpermitte aufgrund des langen Auszuges, der die Entfernung des Zugarmschulterblattes und dessen Anhängsel wie Zugarm und Zughand von der Wirbelsäule bedingt, länger dauert, als bei kürzerem Auszug.

Die „Kreisbahn“ der beabsichtigten Rotation ist schlichtweg um einiges länger und die sich auf ihr befindlichen Extremitäten benötigen somit mehr Zeit für die Auszugs-, Rotations- und somit auch für die Löse- bzw. Ablassbewegung.

Zum anderen kommt es durch den langen Auszug zu einer signifikanten Verschiebung der Masse des Zugarmschulterblattes nebst Zugarmes und Zughand von der Körperachse vom Schützen hinweg.

Infolgedessen braucht es zum beabsichtigten Herumführen des Schulterblattes um die Wirbelsäule auch mehr Kraft an sich, da eine Kraftentfaltung an einer Extremität umso schwieriger, je weiter dieselbe von der Körperachse entfernt ist.

Ein Beispiel dafür ist etwa das Heben und folgende, lange Halten eines gefüllten Glases von einem Tisch: Mit eng am Körper anliegenden und angewinkeltem Arm ist das Anheben und nachfolgende Halten um einiges einfacher, denn mit einem ausgestreckten Arm.

Somit würde ein Lösen, würde es in der obbeschriebenen Art erfolgen, länger dauern und schwächer ausfallen.

Ergebnis dessen wäre letztlich ein schwacher Ablass, welcher fast immer zu einem unruhigen Pfeilflug („Wedeln“/“Rudern“), verbunden mit Reichweiteverlust, ungenauer bzw. unsicherer Trefferlage bis hin zu Bruchgefahren für das Pfeilmaterial bei Anschlagen des Pfeiles am Bogen oder vibrationsreichem Einschlag auf das Ziel führen würde.

Dieser Problematik kann jedoch mit dem erwähnten Zurückführen des Zugarmes bzw. Abklappen des Zugunterarmes in kreisförmiger Richtung gen Rücken erfolgreich begegnet werden.

Die Bewegung erfolgt zunächst in der Form, dass sämtliche Abfolgen der Expansion und des Lösens unverändert wie beschrieben ablaufen:

Dass heißt, dass dadurch, dass sich das Zugschulterblatt zum Torso hin spiralförmig abwärts um die Wirbelsäule zu wickeln sucht, der Zugoberarm und Zugarmellenbogen als dessen Anhängsel zwangsläufig ebenfalls leicht abwärts zum Rücken hin bewegt werden und sich dabei leicht zum Körper des Schützen hin drehen. Dadurch drehen sich Zugunterarm und Zughandgelenk/-hand vom Körper weg.

Im Moment des Lösens sucht der Zugellenbogen infolge der Weiterführung in einer kreisförmigen Bewegung leicht zum Rücken hin nach unten abzuklappen.

Jedoch kann bei weit von der Körpermitte entferntem, langen Auszug der Zugarm nicht derart im Ellenbogen gebeugt belassen werden, auf dass der Unterarm und das Handgelenk, der Trägheit geschuldet, mit einer leichten Kipp-Wipp-Bewegung nach oben klappe.

Ein solches Resultat ist aufgrund der weiter von der Körpermitte entfernten Lage von Auszugshand und Auszugsellenbogen anatomisch nur schwer möglich, da sich das Ellenbogengelenk des Zugarmes bei langem Auszug nicht mehr resolut Einbeugen und über das Zugarmschulterblatt zum Rücken Richtung Wirbelsäule hin ziehen läßt.

Daher wird im Moment, in dem es aufgrund des Lösens der Sehne vom Ring und Freiwerden des Schusses zu einem signifikanten Zugabfall an der Zughand kommt, der Zugunterarm im Zugellenbogengelenk sofort entspannt, wobei der Zugoberarm jedoch in seiner Entfernung zum Torso verbleibt, mithin nicht vom Körper weggestreckt wird.

Dadurch kommt es trägheitsbedingt, also ohne aktives Handeln des Schützen, zu einem gleichsam „explosionsartigen“, halbkreisförmigen Ausklappen des Unterarmes in natürlicher Führung des Ellenbogengelenkes vom Schützen hinweg.

Man kann diesen Vorgang etwa mit der Situation beim Tauziehen zweier Personen vergleichen: Ziehen beide mit der gleichen Kraft an den jeweiligen Enden des Taues kommt es zu einem Gleichgewicht und keine Seite kann die andere weiter vor- oder zurückziehen. Läßt aber plötzlich eine Person das Tau los, kommt es zu einem Spannungsabfall und die andere fällt trägheitsbedingt in ihre ursprüngliche Zielrichtung nach hinten um.

Ungeachtet dessen wird die Rotationsbewegung des Zugarmschulterblattes um die Wirbelsäule herum fortzusetzen gesucht.

Im Ergebnis dessen kommt es zu einer teilweisen Streckung des Zugarmes, welcher durch die fortdauernde Rotation des Zugarmschulterblattes Richtung Wirbelsäule sowie der Trägheit geschuldet leicht aufwärts zum Rücken hin gezogen wird.

Hierbei ist zu beachten, dass bei der Bewegung zum einen das Ellenbogengelenk nicht ganz durch- oder gar überstreckt wird, also ein „Durchschlagen“ verhindert wird, da dieses für den Vorgang unnötig und zudem verletzungsträchtig wäre.

Zum anderen sollte der Oberarmkopf des Zugarmes beim dorsal gesteuerten  Zurückführen des Schulterblattes nebst Zugarmes eng in der Schultergelenkspfanne verbleiben, will heißen, es solle die gesamte Bewegung obgleich der Streckung des Ellenbogengelenkes zentriert und kraftvoll ausgeführt werden, ohne dass gleichsam der Zugarm als Ganzes vom Schützen gleichsam wegzuwerfen gesucht wird. Eine solche Bewegung würde Kraftverlust mit sich bringen und den ohnehin anfälligen Schulterbandapparat unnötig der Gefahr von Verletzungen aussetzen.

Schlußendlich sollte es kein aktives Verreißen oder gar gleichsam gewaltkraftaktartige Versuche des Wegreißens des Zugarmes in Richtung einer Streckung und folgender Bewegung hin zum Rücken oder in Richtung des Pfeilendes geben.

Die Bewegung des teilweise gestreckten Zugarmes gen Rücken erfolgt gleichsam automatisch durch den Versuch der dorsalen Schultermuskulatur und Teilen der Rückenmuskulatur, das Zugarmschulterblatt nach unten hin um die Wirbelsäule zu drehen.

Man könnte die aus diesem Vorgang letztlich resultierende Endstellung des Armes mit der eines Kellners vergleichen, der auf einem fast gestreckten Arm ein Tablett kunstvoll zu balancieren sucht.

Durch die beschriebene Bewegung entsteht ein langer, größtenteils trägheitsgeführter Hebel, mit dem sich eine, für ein sauberes, fehlerfreies Lösen bei langem Auszug notwendige Kraftentfaltung ohne – im Fall des langen Auszuges ohnehin nicht mögliche – erhebliche, aktive muskuläre Kraftanstrengung realisieren läßt.

Daher ist bei dem für mandschurische Schießweise typischen, langen Auszug ein Lösen in der beschriebenen Form sinnvoll, wenn nicht gar die einzige Möglichkeit, um einen kraftvollen und sauberen Ablaß und somit einen treffsicheren Pfeilflug zu gewährleisten.

Eine weitere Schwierigkeit beim langen Auszug besteht neben den vorgenannten Aspekten in der fehlenden Kontrollmöglichkeit eines stringent geraden Auszuges, der Position der Zughand in Verlängerung des Pfeiles bzw. des Ellenbogens dorsal hinter dem Pfeilende sowie der Position des Pfeiles zum Torso des Schützen – Stichwort „Einziehen in den Bogen“ - überhaupt:

Im Gegensatz zum kurzen Auszug, bei dem Voranstehendes zumindest aus den Augenwinkeln noch überblickt werden könnte, fehlt diese Möglichkeit beim langen Auszug fast vollkommen:

Der Schütze ist nicht in der Lage zu sehen oder in irgendeiner Weise zu kontrollieren, ob sein Auszug stringent gerade ist, ob sich die Zughand in Verlängerung des Pfeiles bzw. ob sich der Ellenbogen dorsal hinter dem Pfeilende befindet oder ob die Position des Pfeiles zum Torso des Schützen parallel ist, er also wirklich „im Bogen steht“.

Fehlt es an auch nur einer dieser Komponenten, wird, selbst wenn die anderen korrekt sind bzw. der Schütze sich erfolgreich bemüht, den Ablass sauber auszuführen bzw. korrekt zu lösen, der Pfeil sich zwar sauber lösen, aber schon im Moment des Lösens aufgrund fehlerhafter Ausrichtung beginnen, sich unruhig zu bewegen, am Bogen anschlagen und dadurch letztlich unruhig, „wedelnd“ zu fliegen – mit den daraus resultierenden Folgen wie etwas verminderter Reichweite und mangelnder Treffergenauigkeit.

Dieses lässt sich nur durch stetiges Üben nebst Kontrolle der Ausgangspositionen durch eine zweite Person oder etwa Videoaufzeichnungen erlernen.

Es ist dahingehend schlichtweg notwendig, ein Körpergefühl dafür zu erlangen, wann die „korrekte Gesamtposition“ erreicht ist. Erfahrungsgemäß ist dies ein langwieriger Prozess, der Erfahrung und auch eine gewisse Frustrationstoleranz voraussetzt.

Involvierung des Bogens

Im Zusammenhang mit dem der Expansion folgenden Lösen erfolgt keinerlei Bewegung des Bogens.

Insbesondere ein in anderen Schießweisen oder Stilen propagiertes, aktives Herausdrehen, Herausnehmen oder Wegreißen des Bogens ist nicht angezeigt.

Denn durch die Ausrichtung des Daumens der Bogenhand gen Ziel nebst entsprechender Positionierung des Schenkels Bogenarm-Bogenschulter-Wirbelsäule-Zugschulter ist dem Pfeil bereits eine geradlinige Abschussrampe bzw. –richtung auf das Ziel vorgegeben.

Es existiert keinerlei Hindernis in Gestalt des Bogens, welches dem Pfeil beim Abschuss im Wege stünde und somit aus diesem durch eine irgendwie geartete Bewegung entfernt werden müsste.

Auch wirkt sich aufgrund der Anlage des Pfeiles auf der vom Schützen abgewandten Seite nebst der durch den Griff erfolgten Ausrichtung des Bogens ein etwaiges Pfeilparadoxon nicht derart stark wie bei einer Anlage zur Schützenseite hin aus, so dass ein Anschlagen des Pfeiles am Bogen und die sich daraus etwaig ergebende Notwendigkeit, diesen „wegzunehmen“ nicht befürchtet werden muss bzw. nicht gegeben ist.

Dass ein nicht erfolgendes Herausnehmen des Bogens zwangsläufig ein Anschlagen des Pfeiles an denselben, einen unruhigen Pfeilflug sowie ein Verfehlen des Zieles durch Rechtsabweichung von demselben bewirkt, ist daher sowie der Erfahrung nach eine unsinnige, wie unbewiesene Behauptung.

Zudem würde ein aktives Herausnehmen des Bogens einer gleichförmigen Reproduzierbarkeit des Schusses aufgrund des Umstandes entgegenwirken, dass dieses nie in gleicher Weise erfolgen kann.

Ursache dessen sind die dem entgegenstehende Bogengeometrie und das Gewicht des Bogens selbst:

Die hier in Rede stehenden Bogen sind aufgrund ihrer Länge, des Reflexes und Gewichts zu unförmig bzw. träge, auf dass sie immmer in gleicher Art und Weise zeitgenau aktiv aus einer etwaigen Pfeilflugbahn herausgenommen, herausgedreht oder weggerissen werden könnten.

Letztlich setzt eine solches, aktives Herausnehmen durch damit verbundene Verwindungen und ruckartige Bewegungen, potenziert um den bei chinesischen Bogen ohnehin zu erwartenden Handschock, den ohnehin filigranen Band- und Sehnenapparat im Schultergelenk (insbesondere die Ansätze und Führungssysteme der Supraspinatus- und der langen Bizepssehne) unnötigen Verletzungsgefahren aus.

Es sollte demnach unterlassen werden.